Sich selbst darstellen
Nutzen wir die Bühnen, die uns zur Verfügung stehen?
Bei dem Wort „Selbstdarstellung“ scheiden die Geister.
Bei einigen ist das Wort positiv konnotiert, bei anderen eher negativ, da eine bewusste Taktik oder sogar eine Täuschung des Gegenübers vermutet wird.
Dabei lassen wir meist außer Acht, dass wir alle bewusst oder unbewusst, verbal oder nonverbal uns selbst darstellen.
Der prüfende Blick in den Spiegel bevor wir das Haus verlassen oder sich überlegen, welchen Eindruck wir mit unserem Auftritt erwecken können, wollen oder auch das eigene Profil auf Linkedin, sind Akte der Selbstdarstellung.
Denn Selbstdarstellung sind „Inszenierungsstrategien zur Herstellung eines bestimmten Ansehens in der öffentlichen Meinung (positives Image, guter Ruf, Beachtung). Es geht um die Inszenierung eines gewollten Selbst. Personen planen ihre Selbstdarstellung, um sich in ihrer Umwelt Anerkennung, Einfluss, Ansehen und einen Namen zu verschaffen“. (Ebert/Piwinger)
Bestimmte Berufsgruppen müssen sich dieser Techniken für die Ausübung ihres Berufes bedienen, wie beispielsweise Politiker:innen, Schauspieler:innen, CEOs, um „sich in Szene zu setzen“ oder „von sich reden machen“ mit dem Ziel, Aufmerksamkeit zu bekommen.
Diese Sichtbarkeit ist Bedingung für die Beachtung und das Fortbestehen im wirtschaftlichen Bereich, wo es um Geld und Existenzen geht.
Desweiteren hat die Auseinandersetzung mit der eigenen Selbstdarstellung auch Auswirkungen auf das eigene Selbstbild und das Fremdbild, die sich wechselseitig beeinflussen.
Die Reaktionen anderer Personen färben auf die eigene Wahrnehmung ab und können das eigene Selbstbild ergänzen.
Plattformen wie Linkedin, Instagram, Events, Vereine oder Netzwerke sind Bühnen, um die eigene Person taktisch sowie strategisch zu platzieren. Dabei können wir als Strategie auch für uns entscheiden, dass wir uns selektiv authentisch zeigen – wir entscheiden, wo und in welchem Maße.
Es gibt eine Reihe von Vorgehensweisen für die Selbstdarstellung, wie der bewusste Einsatz von Sprache, Sprachstil, Kleidung, Symbolen u.a. auch die Mitgliedschaft in einem formellen Netzwerk. Die eigene Person durch Kontakte, Personengruppen oder Vereinigungen aufzuwerten, gehört zu den positiven Selbstdarstellungstechniken.
Weitere „positive“ Selbstdarstellungstechniken nach Mummendey sind:
- self-promotion: Hervorheben der eigenen Vorzüge, Eigenwerbung
- entitlements: Signalisieren von hohen oder gehobenen Ansprüche durch Selbstzuschreibungen von Leistungen und Titeln
- self-enhancement: Hervorheben des Selbstwert, eines hohen Selbstwertgefühls
- overstatement: Übertreiben der eigenen Leistungen
- BIRGing = basking in reflected glory: Sich aufwerten über Kontakte mit positiv bewerteten Personen, Gruppen oder Ereignissen
- boosting: Sich positiv abheben über Kontakte die Bewertung anderer so verändern, dass man selbst positiv abschneidet
- competence/expertise: Signalisieren von Kompetenz und Expertenwissen
- exemplification: Sich als Beispiel präsentieren
- personal attraction: Betonen der eigenen Attraktivität, Anziehung
- status/prestige: Betonen der eigenen Wichtigkeit, des eigenen Status, Prestiges durch Kleidung und andere Symbole
- credibility/trustworthiness: Betonen der eigenen Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit
- self-disclosure: Mitteilen von persönlichen Informationen
- ingratiation/other-enhancement: Sich beliebt machen, einschmeicheln, anbiedern
- opinion conformity: Angleichen der eigenen Meinung mit der Meinung der anderen
Die „negativen“ Selbstdarstellungstechniken nach Mummendey umfassen:
- apology: sein Bedauern ausdrücken, sich entschuldigen
- excuse: Abstreiten von Verantwortlichkeiten, um ein bedrohtes oder in Mitleidenschaft gezogenes Image wiederherzustellen oder um von bestimmten Verpflichtungen freigestellt zu werden
- defense of innocence: eine Sache abstreiten
- justification: sich rechtfertigen
- disclaimers: widerrufen, ableugnen, dementieren, vorsorglich abschwächen erklären
- self-handicapping: sich als beeinträchtigt oder unvollkommen darstellen
- understatement: Untertreibung
- supplication: sich hilfsbedürftig darstellen, Symptome geistiger Erkrankung zeigen
- intimidation: andere bedrohen oder einschüchtern
- blasting: andere direkt abwerten
- refusal: anderen das Recht absprechen, negativ zu urteilen
Quellen: Hans Dieter Mummendey: „Psychologie der Selbstdarstellung“ // Helmut Ebert, Manfred Piwinger: „Impressionen Management: Die Notwendigkeit der Selbstdarstellung“ // Scherin Beuther „Impulsvortrag“